Der vorliegende Beitrag untersucht das breite Bedeutungssprektrum des Brückenmotivs in Ödön von Horváths Stück Hin und her (1933). An der Brückenmetapher ist im Stück die Problematik der hybriden Identität zu erkennen, die man mit dem Autor verbinden kann, wegen seiner österreischisch-ungarischen Herkunft und durch Migrationen beeinflusste Lebenseinstellungen, aber auch wegen des historischen Kontexts nach dem Zerfall der Doppelmonarchie. Die Hauptgestalt des Stücks ist Ferdinand Havlicek, der aus seinem Staat ausgewiesen wurde und soll nun über die Brücke in sein Geburtsland zurückkehren. Wegen der schon frúher verlorenen Staatsbürgerschaft bleibt er aber an der Holzbrücke, die den Grenzübergang zwischen den beiden Staaten darstellt, gefangen. Die Brücke stellt für ihn daher sowohl einen Zufluchtsort als einen Ort des Exils. Diese Dichotomie ermöglicht die Analyse der Brücke als eines dritten Raums, eines Ortes des in-between-Seins nach postkolonialen Theorien und einer Heterotopie im Sinne Michel Foucaults. Die Brücke stellt eine Vielfalt an Bedeutungen auch für die anderen Gestalten im Stück dar und diese Polysemie liegt daran, dass die Brücke ein Trennungsort und ein Treffpunkt, ein Ort der Verzweiflung und der Hoffnung ist. Angesichts der Verschmelzung zahlreicher ethnisch-kulturellen Differenzen infolge von großen Migrationen erscheint die Brückenmetapher in der heutigen Zeit aktueller denn je. Deutlich wird dies auch durch zahlreiche Aufführungen des Stückes in jüngster Zeit an deutschsprachigen Bühnen. Uraufgeführt wurde das Stück bereits 1934 in Zürich, dann nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal in Deutschland (1965). Die häufigen Aufführungen des Stückes Anfang des 21. Jahrhunderts sprechen für dessen Aktualität und Wert aus einer rezeptionsästhetischen Perspektive.
The plot of Ödön von Horváths play Hin und her (1933) takes place on a bridge that represents a border between two countries. The protagonist is for administrative reasons forced to leave his country of residence and go across the bridge to the country where he was born. Since he has lost his citizenship and has no valid papers, he is not admitted back into his homeland and gets stuck on this bridge. He runs back and forth from one side to the other in hopes that he will be allowed to enter either of the two countries, so the bridge he finds himself on represents a place of exile and migration, but also a place of sanctuary. This paper examines the multilayered metaphor of a bridge as a place of hybridity and a heterotopia as Michel Foucault defines it. The bridge is smultaneously a place of separation as well as connection; it is a place of despair because the protagonist cannot cross it, but also a place of refuge and a means to get back to his homeland. In view of the current blurring and disappearance of ethnic and cultural differences in the process of globalzation and as a result of great global migrations, the metaphor of the bridge seems to be quite attractive. This is visible also in the numerous times the play can be found on theatre repertoires in German-speaking countries now, proving its relevance for the current situation.
Primary Language | German |
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Subjects | Creative Arts and Writing |
Journal Section | Research Articles |
Authors | |
Publication Date | June 23, 2021 |
Submission Date | January 21, 2021 |
Published in Issue | Year 2021 Volume: 31 Issue: 1 |